Vollauslastung für alle in der Produktion – eine Illusion

Sie haben eine Produk­tion. Mehr­stu­fig. Es gibt unter­schied­li­che Abtei­lun­gen. Sie haben verschie­dene Maschi­nen. Diese Maschi­nen sind zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten gekauft worden. Und haben unter­schied­li­che Kapazitäten.

Ihre Produk­tion wird mit Aufträ­gen gefüllt. Unter­schied­li­chen Aufträ­gen. Manche sind arbeits­in­ten­si­ver als andere. Größere Teile erfor­dern ande­res Hand­ling als klei­nere Teile.

Die reine Lehre erwar­tet nun, daß die aus einer Mischung von Planung und Histo­rie entstan­de­nen Kapa­zi­tä­ten und die gegen­wär­ti­gen Auftrags­mixe perfekt zusam­men­pas­sen, so daß jeder Produk­ti­ons­mit­ar­bei­ter, jede Maschine jeder­zeit voll­aus­ge­las­tet ist.
Unter­aus­las­tung ist tabu! An jeder Stelle in der Produk­tion! Dafür sind die Mitar­bei­ter viel zu teuer! Auch beschäf­ti­gen wir dafür (teure) Führungs­kräfte, die dafür sorgen, daß die Mitar­bei­ter voll ausge­las­tet sind.

Aus dieser Einstel­lung heraus entste­hen viel­fäl­tige, auf den ersten Blick nicht sicht­bare Neben­ef­fekte. Sie entste­hen dadurch, daß Mitar­bei­ter und ihre Vorge­setz­ten ihre Voll­aus­las­tung nach­wei­sen müssen. Z.B. über betrieb­li­che Erfas­sungs­sys­teme. Einige dieser Effekte sind:

  1. Störun­gen. Sie lassen sich viel schwe­rer auswer­ten als Zeiten. Und sie haben die Eigen­schaft, Unter­aus­las­tung effek­tiv in Über­aus­las­tung verwan­deln zu können.

  2. Über­pro­duk­tion. Es wird mehr produ­ziert als gebraucht. Auf Vorrat. Das haben wir dann schon einmal erle­digt. Ist nicht unser Problem, wenn die ande­ren zu lang­sam sind.

  3. Problem­dis­kus­sio­nen. Lang vorhan­dene Probleme werden dann disku­tiert, wenn Unter­aus­las­tung vorhan­den ist. Das kann einem ja keiner übel nehmen, wenn man sich mal um diese Probleme kümmert. Nur leider kommt meis­tens nichts dabei heraus.

Die Ursa­che ist oben beschrie­ben. Es ist eine Illu­sion, von jedem Produk­ti­ons­mit­ar­bei­ter jeder­zeit Voll­aus­las­tung zu fordern.

Eine gern prak­ti­zierte Stra­te­gie ist, die eige­nen Kapa­zi­tä­ten so gering zu halten, daß stets und stän­dig mehr Arbeit vorhan­den ist als eigene Kapa­zi­tät. Der Rest wird z.B. mit Leih­ar­bei­tern aufge­füllt. Wie gut diese Stra­te­gie funk­tio­niert läßt sich einfach daran sehen, ob in allen Berei­chen Leih­ar­bei­ter einge­setzt werden.

Wenn nicht, dann sind diese Berei­che entwe­der unter­aus­ge­las­tet oder Kapazitätsengpaß.

Oft ist ein solch groß­flä­chi­ger Einsatz von Leih­ar­bei­tern nicht möglich, z.B. aus Grün­den fehlen­der Quali­fi­ka­tion. Dann ist es ist viel zweck­mä­ßi­ger, mit Unter­aus­las­tung an unter­schied­li­chen Stel­len zu rech­nen, und diese Unter­aus­las­tung durch interne Aufträge in Wert­schöp­fen­des umzu­wan­deln. Dafür eignen sich einfa­che Dinge:

  1. Aner­ken­nen, daß zeit­weise Unter­aus­las­tung normal ist

  2. Ein Arbeits­vor­rat von Tätig­kei­ten, die nicht auftrags­be­zo­gen sind. Diese Tätig­kei­ten werden während der Unter­aus­las­tung abgearbeitet.

  3. Der Arbeits­vor­rat sollte öffent­lich und trans­pa­rent sein, ebenso wie der Zustand der Unterauslastung.

  4. Mehr­fach­qua­li­fi­ka­tion von Mitar­bei­tern für unter­schied­li­che Tätig­kei­ten inner­halb der Abtei­lung und für unter­schied­li­che Abteilungen.

Der Lohn: weni­ger Störun­gen, weni­ger Diskus­sio­nen, mehr gelöste Probleme.

Wenn auch Sie sich auf diesen Weg machen wollen, unter­stütze ich Sie gern dabei, nehmen Sie Kontakt auf!